Ein verwunschenes Schloss, ein todkrankes Mädchen, ein dämonischer und doch engelhafter Comte, Edgar Allan Poe und Charles Baudelaires höchstselbst …
Das und noch vieles mehr finden sich in der Kurzgeschichte »Schwarz sind alle meine Kleider«, die kürzlich in der »Dark Place«-Anthologie vom Geisterspiegel veröffentlicht wurde!
Ich durfte mein Belegexemplar, dessen schauriges Horrorkabinett ich gerade begeistert durchlese, am Stand der Romantruhe auf der Leipziger Buchmesse in Empfang nehmen. Über den Online-Shop der Romantruhe ist das Buch bereits erhältlich, ein Amazon-Link wird demnächst in der Rubrik »Veröffentlichungen« hinzugefügt.
Wie sich das liest? Hier eine kleine Leseprobe aus meiner schwarzromantischen Geschichte:
Das alte Gemäuer war von obskuren Gestalten durchwogt, Wesen, die wie aus einem Traum schienen. Bunte Masken, aufgebauschte Ballkleider, schwarze Rüschen und geschminkte Puppengesichter vermischten sich zu einem dunklen Bilderrausch.
Sie gehen ins Chateau de Montaigne, dachte Annabel mit klopfendem Herzen an die Worte des Paters. Dort, wo der Dämon wohnt.
Wie oft hatte sie mit ihrem Schutzbefohlenen beobachtet, wie ganze Scharen der schwarzen Elfen zum Schloss des Comte Lonigère strömten. In dem kleinen Ort von Saint-Michel-de-Montaigne erzählte man sich hunderte von Gruselgeschichten über ihn. Jenen exzentrischen Mann, der alleine in seinem Schloss lebte und nur die Dunkelromantiker zu sich einlud. Wie schaurig sie aussahen, jene schwarzen Gestalten vor der alten, grauen, kaum mehr schönen Fassade des Chateaus …
Die Türme, welche das Hauptgebäude säumten, waren dickbäuchig und eher klein. Nicht schlank und groß, wie man es von einem Schloss erwarten würde. Einige hatten ein spitzes Ende, wie ein Hexenhut, so grau wie die Giebel des Chateaus. Im Mauerwerk waren überall Fenster eingelassen, manche mannshoch. Sie blinzelten wie die Augen eines Greises aus dem bröckelnden Putz, unheilvoll und böse. So stand es da mit seinen Türmchen, grau, breit, groß und furchteinflößend. Ganz und gar verwunschen sah es aus, das Schloss. Man sagte ihm ebenso viele Dinge nach wie seinem Besitzer.
Es hieß, der Comte sei verflucht. Sein Ahne, der große Philosoph Michel de Montaigne, sei so gierig nach Wissen gewesen, dass er die Seelen seiner eigenen Kinder dafür verkaufte. Von seinen sechs Töchtern überlebte nur eine einzige. Nun, Jahrhunderte später, war der Name der Montaignes nur noch in Form des Chateaus verblieben. Und jenes Schloss wurde immer wieder von Gestalten heimgesucht, die nicht von dieser Welt schienen.
Annabel lief beim Anblick des schwarzen Gefolges mehr als einmal ein Schauer über den Rücken. Sie hatte ihren zarten Mädchenkörper in einen Kapuzenmantel gehüllt, um nicht aufzufallen. Doch war offensichtlich, dass sie nicht hierher gehörte. Das Schloss ragte mit seinen hell erleuchteten Fenstern um sie auf und wirkte dabei wie ein lebendes Wesen. Die Türme und Wände, die Lichter und Schatten, die Tänzer und Bäume … Alles rückte auf sie ein. Sie bemühte sich, ihre Schritte so sicher wie möglich zu setzen, nicht unter den vielfachen Blicken zu erzittern.
»Was tust du hier, Mademoiselle?«
Erschrocken blickte Annabel einem jungen Mann ins Gesicht. Er trug eine Halbmaske aus Rabenfedern. Seine Schönheit war dennoch unübersehbar. Sie strahlte aus seinen hellen, unergründlichen Augen. Das ebenmäßige Gesicht war von absoluter Glätte, das lange, schwarze Haar gepflegt und zurückgekämmt. Der seltsam geschnittene Frack mit den Kunstfedern und Plusterärmeln hätte an anderen Menschen komisch ausgesehen, ihm dagegen verlieh er eine ausgesprochen gute Figur.
Wie ein dunkler Engel, dachte Annabel atemlos.
»Ich meine, du gehörst nicht zu den Bediensteten, ma petite?«
Sie nahm sich zusammen und schüttelte den Kopf. Mit ungewollt dünner Stimme brachte sie hervor: »Nein, Monsieur … Ich suche den Comte Lonigère.«
»Oh, den hast du gefunden. Dürfte ich deinen Namen erfahren und warum du dich in mein Schloss geschlichen hast?«
Nachdem Annabel ihr Erstaunen über die Gestalt des »Dämons« überwunden hatte, tat sie einen tiefen Atemzug. »Ich bin eine Waise, die in der Kirche St. Michel lebt. Mein Name ist Annabel. Ich bin gekommen, um meine Seele an Sie zu verkaufen.«
Was für eine schöne Leseprobe! Die Dunkelromantikerin in mir hattest du schon bei schwarzen Rüschen gefangen genommen.
Glückwunsch zur Anthologieveröffentlichung <3
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Vielen Dank Evanesca! Jaaaaa, endlich konnte ich mal schwarzen Rüschen einbauen – wirkt in anderen Geschichten sonst zu viel, hier hat es förmlich danach geschrien :-D
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