Die erste schlechte Rezension – und nun?

Naja, was soll schon sein: Die Erde dreht sich weiter ;-)

Aber trotzdem ist es immer eine spannende Sache, wenn man sich als Autor in der Kritik befindet. Und damit meine ich die ultraherbe Kritik, die kein Halten mehr kennt. Kurzum: Der Leser explodiert. Und muss seine Explosion in einer entsprechenden Rezension Wort verleihen.

Dazu ein paar Überlegungen, wie man damit umgehen kann – fühlt euch gerne eingeladen, zu lesen und zu diskutieren!

Wut

»Wolfssucht« ist passiert, was wohl jedem Buch passieren dürfte, dass einen bestimmten Grad der Öffentlichkeit erreicht: Es wurde von einem Leser auf Amazon zerrissen.

Ich war darauf vorbereitet, eine solche Rezension eines Tagse zu bekommen. Man kann es bekanntlich nicht allen Menschen Recht machen. Worauf ich nicht vorbereitet war, waren die Implikationen, die eben jene Rezension in Amazons Raum geworfen hatte. So hieß es dort wortwörtlich:

 

Aber ganz ehrlich, wie kann man sich danach sehnen mit einem Wolf Sex zu haben.

Abstoßend!!!

 

Ich kann der Rezenszentin da nur vollen Herzens zustimmen. Sodomie ist auch nicht mein Fall – weswegen sie im Buch nicht vorkommt :-)

Ich war, sagen wir mal, fasziniert, dass sie das so in den erotischen Szenen gelesen hat (Notiz an mich selbst: Eindeutiger schreiben). Ihr »Abstoßend!!!« versenkte einen regelrechten Stein in meinem Magen. Und ich wusste im ersten Moment nicht, wie ich reagieren und ob ich etwas tun sollte.

Sie darauf hinweisen, dass es das gar nicht im Buch gibt?

Weil andere Käufer von ihrer Rezension beeinflusst werden könnten?

 

Ich habe mich dagegen entschieden

Die anderen Rezensionen sprechen nach wir vor Bände. Am Ende zieht mir diese eine schlechte Rezension sogar ein paar Voyeuristen an ;-)

Spaß beiseite und zum Ernst: Auch wenn ich jetzt darüber lachen kann, war es im ersten Moment nicht leicht zu verdauen, einen solchen Vorwurf vorliegen zu haben. Nach einigem Nachdenken kam ich zu dem Schluss:

Sie hat nicht geschrieben, dass das Buch schlecht geschrieben sei. Eine ausufernde Rezension, die eben dies bemängelt hätte, ohne beleidigende Sprache, sondern aufgrund trockener Fakten … DAS hätte mein Autorenbewusstsein absolut in den Keller getrieben.

 

So nicht diese Rezension

Denn einzig und allein der Inhalt war nicht das Ding der Leserin.

Dass sie die Suche nach sexueller Freiheit in dem Buch als abstoßend empfindet, konnte ich nicht verhindern, da dies wohl ihre persönlich gesetzte Grenze ist. Ein Blick in ihren Rezensionsaccount hat mir gezeigt, dasss sie hochchristlich sein muss – zumindest lässt sich dies an einem ihrer Buchkäufe erahnen.

Der Kern der Sache ist ganz einfach: Sie war nicht mein Zielpublikum.

Wie sie so zufällig über mein Buch stolpern und glauben konnte, es würde ihr gefallen, darüber kann ich nur spekulieren. Aber »gewinnen« konnte ich von Anfang an nicht. Dass ich dann auch ein Thema angesprochen habe, dass sie persönlich als sensibel empfand, musste zwangsläufig zur Explosion führen.

Damit kann und muss ich leben, wenn ich professionell schreiben will. Auch, wenn ich einen noch so guten Lektor habe, mich noch so verbessere … Menschen gehen bei bestimmten Themen einfach auseinander.

Und wenn dann jemand wie ich über Diversität, erotische Freiheit und Empowerment schreiben möchte, kann es ja nur Gegenwind geben.

 

Was habe ich daraus gelernt?

Eine schlechte Rezension ist nicht Schlimmes. Auch nicht mehrere. Aber sie sind valide Stimmen. Die Stimmen eines Teilpublikums. Weswegen sie auf keinen Fall nur beiseite geschoben werden sollten.

Bei jeder einzelnen muss ich mich ehrlich fragen: Was kann ich mitnehmen? Und was sollte ich zurücklassen?

Technisch gesehen will ich darauf achten, Missverständnisse wie diese schon im Text selbst aus dem Weg zu räumen. Diese Sache bestärkt mich aber auch, über die Themen zu schreiben, die mich bewegen. Denn jene Rezension zeigt das, was in »Wolfssucht« zum Untergang der gesamten Dorfgemeinschaft führt: Vorschnelle Urteile.

Der Wolfsmann, von dem die Rezenszentin nur als Wolf sprach, wird von den Antagonisten im Buch – trotz bessseren Wissens – nicht als Mensch wahrgenommen. Und das führt letzten Endes zum Tode aller.

 

Welch Ironie!

Mich hätte so interessiert, was die Rezensentin am Ende des Buches zu sagen gehabt hätte, nachdem sie die tragische Geschichte des Wolfsmannes erfahren hat … Vielleicht hätte sie ihre Meinung ja geändert.

Aber das werde ich nie erfahren – und schreibe trotzdem weiter. In der Hoffnung, dass ich mit der nächsten Geschichte auch Menschen wie sie erreichen kann.

 

Tut es bitte ebenso, liebe Mitautoren!

Lasst euch von schlechten Rezensionen nicht das Schreiben vermiesen oder gar eure Kreativität dämpfen. Wachst an ihnen und werdet großarig :-)

12 Antworten auf „Die erste schlechte Rezension – und nun?

  1. Fühl dich von mir erstmal … nicht gedrückt, denn du bist nicht auf Trost angewiesen gerade. Hm, positiv bestärkt? Daumen hoch? Ja, das schon eher.
    Ich mag deinen souveränen Umgang mit einem unsachlichen Verriss <3 und du hast Recht. AutorInnen, die über komplexe und in der Gesellschaft (noch) nicht eindeutig besetzte Positionen schreiben, müssen fast damit rechnen, Gegenwind aus bestimmten Bevölkerungskreisen zu erhalten.
    Es ist fast schon ein Naturgesetz. Die Frage ist: Was machen wir daraus?

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    1. Ich sage jetzt einfach mal Danke für dein Mitgefühl :-)
      Im ersten Moment hat es natürlich getroffen. Nicht, dass Kritik da war, mit der kann ich seit Jahren leben und könnte ohne sie gar nicht weiterkommen. Aber das erste Mal verrissen zu werden … puh, das ist schon harter Tobak!
      Was wir daraus machen? Na, dagegen anschreiben. Wenn es mir in diesem einen Fall nicht gelungen ist, so ist es schon in anderen Fällen. Ich habe mit den Messages von „Wolfssucht“ zum Beispiel ein paar Leser erreicht, die eigentlich mit den Augen rollen, wenn sie das Wort „Feminismus“ hören – und die unwissend meine Geschichte gelesen haben, die auch feministische Aspekte hat.
      Klar, ich habe sie reingelegt, weil ich das Wort „Feminismus“ nie verwendet habe ;-)
      Aber es hat geklappt. Sie haben mit meiner Protagonistin mitgefiebert, waren auf ihrer Seite, haben ihre Stärke bewundert.
      Wenn das nicht großartig ist, weiß ich auch nicht. Und dafür schreibe ich weiter. Ganz klar!

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  2. Es ist wirklich großartig wie du damit umgehst! Negative Kritik ist immer nicht ganz leicht. Von Lesern habe ich noch keine bekommen, da ich noch nicht veröffentlicht habe, aber sehr wohl von meiner Tutorin und meinen Testlesern, und Testleser können erschreckend ehrlich sein :D. Meine erste Kritik kam von meiner Schwester. Mir war klar, dass sie schonungslos ehrlich mit mir sein würde und das war sie auch. Sie hat mich schlechter ‚bewertet‘ als meine Tutorin und ich musste sicher fünf Mal schlucken, ehe ich damit umgehen konnte. Inzwischen klappt das ganz gut, aber trotzdem muss man jedesmal wieder einen kleinen Stein herunterschlucken und sich sagen: „Das ist doch gut, so kannst du besser werden.“ Voraussetzung ist natürlich, dass die Kritik konstruktiv ist.

    Für mich ist es viel schwieriger selbst negative Kritik abzugeben und trotzdem mache ich es inzwischen immer öfter. Früher habe ich dann lieber nichts gesagt, aber jetzt da ich selbst schreibe, weiß ich wie wichtig es ist, eine ehrliche Rückmeldung zu erhalten. Was nützen die tollen fünf Sterne Rezis von der Familie, wenn andere Leser das Buch bei der Hälfte zur Seite legen und nichts dazu sagen. Die kaufen nie wieder ein Buch von mir und ich ahne nicht mal warum das so ist.

    Mit Kritik muss man also umgehen und daraus lernen. Ich finde es also gut wie du das gehändelt hast.

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    1. Hallo Ann!

      Jaaa, die ersten Schritte in Sachen konstruktiver Kritik können heftig sein. Ich muss sagen, ich bewundere, dass du deine Schwester als Testleserin genommen hast, ich wäre bei meiner eigenen explodiert :-) Einfach, weil ich vor meiner Schwester nicht nur Autorin bin, sondern eben Schwester, die sich keine Blöße geben will. Ich habe mir meine ersten und bis heute unersetzlichen Testleser durch das Rindlerwahn Autorenforum gesichert (ich bin grundsätzlich immer pro Forum, aber längst nicht jedes ist ein gutes).

      Und ja, es gibt einen Riesenunterschied zwischen konstruktiver Kritik und verrissen. Ich habe auch schon in Autorenforen seitens der Moderation gesehen, wie Texte in den Boden gestampft wurden, anstatt eine Kritik an ihnen zu üben, mit denen der Autor weiterkommt. Meist mit dem Argument: Der Buchmarkt ist hart, gewöhn dich daran! Totaler Blödsinn. Schlechtmachen hilft da keinem Menschen. Ich habe schon mehrmals im Rindlerwahn-Forum Leute aufbauen müssen, die überhaupt kein schreiberisches Selbstvertrauen mehr besaßen, weil in anderen Foren so auf ihnen herumgehackt wurde.

      Daher ist auch wichtig: Wenn ich das Gefühl habe, ich werde als Autorin angegangen, muss ich dagegen sprechen. Kritik üben bedeutet nicht andere Leute auf einmal beleidigen zu können.

      Daher muss ich solche Töne, auch in Rezensionen, entschieden von mir schieben. Das gilt auch in meinem persönlichen Fall jetzt. Aber eben nicht alles. Hinter all der Wut und Unsachlichkeit gibt es immer noch einen wunden Punkt. Man kann darüber nachdenken, muss man aber auch nicht.

      Nur eben nicht aufhalten lassen ;-)

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  3. Hallo Nora,

    zum Thema Rezension hatte ich vor einiger Zeit auch einen längeren Beitrag geschrieben (ich lass Dir mal den Link hier ;) : https://schreibkasten.wordpress.com/2016/02/22/der-umgang-mit-rezensionen/). Wenn Du Dich entscheidest auf Rezensionen zu reagieren, dann musst Du Dich letztendlich für eine Strategie entscheiden.

    Reagiere ich auf negative, dann auf alle. Reagiere ich auf positive, dann bitte ebenfalls auf alle. Damit kannst Du gewinnen und zugleich verlieren. Denn ich hatte Mal vor längerer Zeit gelesen, dass jemand eine negative Rezension geschrieben hat und erst da sich die Autorin meldete. Nachdem der Rezensent die negative Bewertung änderte, war alles gut. Der Rezensent bekam dabei das Gefühl, dass die Autorin nicht akzeptieren konnte, was nicht sein durfte. Also, eine schlechte Rezi.

    Doch häufig ist es sogar besser, wenn man einfach schlechte Rezensionen stehen lässt. Zum einen wirkt es glaubwürdiger. Wenn ich ein Buch sehe, dass NUR positive Rezensionen hat (okay, Roman), dann kommen mir zwischenzeitlich seltsame Gefühle auf. Und zwar in dem Sinne, sind die ganzen Meinungen gekauft? Das ist zwischenzeitlich leider der Tenor. Denn es wurde so viel Schindluder mit den positiven Rezensionen getrieben, dass man da schon sehr vorsichtig wird. Dabei ist es egal, ob man wirklich das beste Buch aller Zeiten hat oder nicht.

    Auch wenn das Deine durchgehend positive Sternenübersicht runterzieht, es ist trotz allem gut, wenn da eine Bewertung mit weniger Sternen prangert. Das macht die Sache durchaus realistischer.

    Persönlich gesehen kann ich mir vorstellen, wie eine negative Rezension bzw. ein Verriss jemanden runterreißen kann. Mir ist das vor Jahren mit der Rohfassung für eine Kurzgeschichte passiert. Am Ende hatte ich über mehrere Monate hinweg eine Schreibblockade gehabt. Bei einer negativen Kritik sollte man trotzdem aufpassen, wie man sie anbringt.

    Man soll die Autorin oder den Autor nicht schonen. Ehrlichkeit währt immer noch am längsten. Aber es kommt auf die Wortwahl an. Jemanden nur runterputzen bringt überhaupt nichts. Außer vielleicht einen Kick bei der Person, die der Meinung ist, andere runterzuputzen. Freundlich und ehrlich zugleich sollte man schon sein. Das ist mir selbst wichtig, wenn ich ein Buch kritisiere. Selbst wenn ich damit überhaupt nichts anfangen kann, so bin ich der Meinung, dass man trotzdem Respektvoll mit dem Werk und damit auch mit der Person dahinter umgehen sollte.

    Auch wenn es schwer fällt, negative Rezensionen und Verrisse passieren allen irgendwann. Sei es im Blog, sei es mir einer Geschichte oder mit was auch immer. Und man kann sie akzeptieren und daran wachsen oder man kann sich darüber aufregen und den Stift in die Ecke werfen. Das man sich im ersten Augenblick darüber aufregt ist wohl normal. Doch dann muss man sich davon lösen, es akzeptieren (lernen), mitnehmen, was man mitnehmen kann und weiter machen.

    „Hinfallen, aufstehen, Krone richten, weiter machen.“

    lg
    carola

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    1. Hallo Carola,

      hab gerade den Beitrag gelesen: Sehr umfangreich und hilfreich! Du hast ja wirklich alle möglichen Perspektiven beleuchtet :-)

      Ich gehöre auch eindeutig zu der Reaktion: Ich reagiere nicht. Ausnahme sind Leserunden auf LovelyBooks, da bedanke ich mich für jede einzelne Rezension auf LB selbst, wenn die Leserunde vorbei ist. Einfach, weil die Leute sich schon die Mühe gemacht haben, so ausführlich in der Leserunde zu schreiben.

      Und ich denke, du hast auch absolut Recht damit, zu sagen: Eine schlechte Rezension macht das Buch glaubwürdiger. Wie heißt es so schön? Auch Bad Publicity ist Publicity.

      Ich dachte eh, dass mir das bewusst ist – war es auch. Hätte da jemand einfach nur geschrieben „Mir hat das Buch so gar nicht gefallen“ mit entsprechenden Punkten, hätte ich mit den Schultern gezuckt und daraus gelernt. Aber so eine ausfällige Rezension, die dann noch ein prekäres Thema (Sodomie) in den Raum wirft, autsch, da kann man sich einfach nicht des Schmerzes erwehren.

      Trotzdem werde ich weiterhin Rezensionen lesen. Weil ich als Jungautorin doch noch an den meisten wachsen kann. Die anderen schiebe ich beiseite, klar, und vielleicht läuft es eines Tages ja so gut, dass ich mir gar keine Rezensionen mehr anschauen muss. Aber noch ist der Tag nicht da ;-)

      Absolute Zustimmung zur Wortwahl! Das habe ich auch für mich dick in die Memo eingetragen. Gerade im anonymen Netz tendiert man selbst so schnell dazu, zu verurteilen. Dabei würde ich das den Leuten in dem Ton doch nie im echten Leben ins Gesicht schleudern. Warum dann unter dem Deckmäntelchen der Kritik?

      Ach ja, das Krönchen sitzt natürlich wieder schon ^^

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      1. Hallo Nora,

        jetzt behaupte ich Mal, es wäre absolut unnatürlich, wenn eine Autorin, die gerade ihre erste Geschichte veröffentlich hat, nicht alle Rezensionen liest. Klar, mach es, kopier sie Dir sogar, druck sie aus, hefte sie in Dein Tagebuch, analysiere sie, was auch immer. Das ist absolut normal und ich würde es auch so machen.

        Ansonsten finde ich Deine Entscheidung, überhaupt nicht auf die Kommentare zu reagieren, sehr gut. Denn das ist die beste Wahl. Ich habe beobachtet, wie einige AutorInnen sich damit schön ordentlich ins Fettnäpfchen gesetzt haben. War auf Dauer überhaupt nicht lustig.

        Und schön, dass Deine Krone wieder sitzt <3

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      1. Da kann man nur zustimmen! Wenn ich trotzdem überzeugt bin, dass noch hunderte Jungschreiber in den nächsten Jahren Aufregung deswegen haben werden – Erfahrungen muss man erst machen. :-)

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