Einige von euch haben bereits den Post auf Avems Seite gesehen, dass ich die Band verlasse. Schon 2018 zeichnete sich ab, dass wir nicht weitermachen können. Es fällt mir schwer, diese Zeilen zu verfassen. Da ist Schmerz, Trauer und Unvermögen, die richtigen Worte zu finden.
Avem schreibt, dass wir uns aus »personal reasons« trennen, und das sind sie: persönliche Gründe, die niemanden etwas angehen. Aber ich möchte auch nicht lügen oder schweigen, was meine Situation angeht.
Bevor ich weiter ausführe, will ich Avem danken. Unsere beste Zeit – dreieinhalb Jahre voll mit Musik, Konzerten und Abenteuern – ist etwas, das ich immer in guter Erinnerung behalten werde. Lange gehörten die Jungs zu meinen besten Freunden. Wir haben mit unserem Album »Meridiem« etwas geschaffen, auf das ich unglaublich stolz bin. Avem war ein Herzensprojekt, durch das ich mich musikalisch ausleben konnte wie noch nie. Durch sie bin ich als Sängerin und Mensch gleichermaßen gewachsen.
Auch möchte ich Avem zu ihrer neuen Sängerin Katharina Neubauer gratulieren. Ich habe sie bereits hören dürfen – sie klingt sehr anders als ich, was gut ist! Ich hoffe, dass Avem ein vollumfänglicher Neustart möglich ist und dass ich Katharina einmal in voller Power auf der Bühne sehen kann.
That being said, erreichen mich gerade einige PNs: Warum? Wenn ich einmal berühmt bin, schreibe ich das in meiner skandalös-kontroversen Biografie. Ich habe gute Gründe, die primär mit meiner geistigen Gesundheit zu tun haben.
Was diese Gesundheit angriff, ist etwas, zu dem ich bisher viel zu wenig gesagt habe, aus Angst vor Ablehnung: Sexismus in der Metal-Community.
Als Frau in der Crowd und auf der Bühne erlebe ich immer wieder anzügliche und diskriminierende Kommentare (Frauen bringen es einfach nicht im Metal, wenn ich zunehme interessiere ich keinen mehr …), Groping, Vergewaltigungswitze auf meine Kosten, Nachstellungen gegen meinen Willen und dass Männer (sexuellen) Druck auf mich ausüben. Dies gipfelte in einer offenen Vergewaltigungsdrohung von einem Musiker im Jahr 2017. Als Fan habe ich die Metal-Community immer geliebt und mich dort willkommen gefühlt. Als Sängerin wandte sie sich gegen mich. Damit umzugehen, war verdammt hart.
Bevor falsche Schlüsse gezogen werden: Niemand in Avem hat mich belästigt. Zu dem Stress, den die Aufnahmen von »Meridiem« bedeuteten, kamen aber diese äußeren Faktoren hinzu. Ich war eine Zeit lang an keinem guten Ort. Nightmarcher hat es geschafft, diese Zeit mit mir zu überleben, Avem nicht.
Ich will diese Trennung als Möglichkeit sehen, für uns alle.
Mein Schreiben hebt gerade ab, worüber ich echt glücklich bin. Aber ich mache auch als Sängerin weiter. Mit Nightmarcher bleibe ich aktiv, ihre Musik und Unterstützung war richtig heilend in den letzten Monaten. Irgendwann möchte ich noch mal ein anspruchsvolleres Projekt machen. Nicht von heute auf morgen, sondern wenn alles ausgeheilt ist, ich wieder Vertrauen in die Szene und die richtigen Leute am Start habe.
Vielen, vielen Dank an alle, die mich mit Avem gesehen, mit uns gespielt oder sich anderweitig mit uns verbunden haben. In den letzten Jahren habe ich so viele großartige Menschen durch die Band kennengelernt. Ihr wisst nicht, wie viel ihr mir bedeutet.
Und die Musik bleibt. »Meridiem« ist digital veröffentlicht, CDs wurden gedruckt und das Album bekommt die Release-Show in Wien, die es verdient. Dort werde ich ein letztes Mal mit Avem auftreten, um mich zu verabschieden.
Ich freue mich schon jetzt auf alle, die kommen und die auch nach der Band bei mir bleiben wollen. Auf ein neues Jahr voller Möglichkeiten. The show must go on!
Danke für alles,
eure Nora
