Charaktervorstellung: Penthesilea aus »Schwestern der Klinge«

Zwei der Protagonistinnen aus »Schwestern der Kling«, Areto und Clete, habe ich euch bereits vorgestellt. Nun ist die letzte Hauptfigur dran. Sie ist niemand Geringeres als die legendäre Amazonenkönigin Penthesilea, die im Trojanischen Krieg gegen Achilles gekämpft haben soll.

Meine Version von ihr ist eine Frau, die zwischen ihren eigenen Idealen und ihrer Pflicht, das untergehende Reich der Amazonen zu bewahren, hin- und hergerissen ist. In der folgenden Szene spricht sie mit ihrem Vater, dem Kriegsgott Ares, über die Zukunft. Denn die Tradition verlangt, dass sie wie ihre Mutter, ihre Großmutter und alle Königinnen vor ihr eine Tochter von ihm bekommen soll.


– Unlektorierte Fassung! –

»Ich will keine Königin der Gräber sein. Zwar mag ich nicht wie Hippolyte dem Krieg entsagen, doch wenn die Amazonen überleben sollen, muss auch ich schwere Entscheidungen treffen. Ich liebe Euch und bete Euch an, dies wird sich nie ändern. Doch nicht mit meinem Leib. Er muss eine Tochter hervorbringen, die uns losgekettet von der Vergangenheit in eine neue Welt führen kann.«

Lachend warf Ares den Kopf zurück. Die Wände der Nekropole erzitterten von seiner Stimme, dass die Molossi sich duckten.

»Eine Königin der Gräber bist du längst«, sagte er und umrundete Penthesilea, dass sein blutiges Gewand floss und seine Flügel die Luft zerschnitten. »Die griechischen Helden haben die Amazonen zu oft heimgesucht, und nun verfällt euer Reich.«

Immer enger wurde sie umwoben, sodass sie sich seiner Nähe nicht entziehen konnte. Ihr Haar, dessen Nachtschwärze sie von ihm geerbt hatte, verflocht sich mit ihm. Verbissen widerstand sie dem Feuer, das er in ihr entfachte.

»Dieses Reich lässt sich wiederaufbauen«, entgegnete sie. »Unsere Zeit wird kommen.«

 

© Nora Bendzko 2019

 

Charaktervorstellung: Clete aus »Schwestern der Klinge«

Zwei Teile, sechs Kapitel und über 100 Seiten hat »Schwestern der Klinge« bereits!

Da will ich euch die anderen beiden Protagonistinnen neben Areto vorstellen. Beginnen wir mit Clete. Sie ist eine gebürtige Amazone, in der Blut vom Kriegsgott Ares wallt. Seit dem schmählichen Tod ihrer Mentorin ist sie besessen davon, ehrvoll auf dem Schlachtfeld zu fallen. Wie alle Kriegerinnen hat sie einen Zweitnamen, ihrer lautet »Schildhaut«. Warum sie so heißt, könnt ihr im Folgenden lesen.

 

– Unlektorierte Fassung! –

»Na los!« Lachend drosch Bremusa auf sie ein. »Schütze deine Beute, wenn du kannst, Schildhaut!«

Einer der Schläge traf Clete in die Seite. Ihr blieb kurz die Luft weg, Schmerz durchfuhr sie. Noch ein Schlag kam, traf ihren Bauch, bevor sie selbst mit ihrer Faust landete. Ihr Amazonenblut – das Blut des Kriegsgottes Ares – begann zu kochen. Sie spürte, wie ihre Mundwinkel nach oben zuckten und der Rausch kam, nach dem Bremusa so süchtig war.

Schildhaut. Das war Cletes zweiter Name.

Jede Kriegerin besaß so einen, hatte ihn sich mit ihrer Ehre erkämpft. Er war eine Auszeichnung, die für den eigenen Charakter stand und von Sehenden vergeben wurde. Im Tempel der Artemis war Clete mit dem Namen Schildhaut neugeboren worden, weil sie andere wie einen Schild mit ihrem Körper schützte.

 

© Nora Bendzko 2019

 

Charaktervorstellung: Theseus aus »Schwestern der Klinge«

Meine Termine zur Frankfurter Buchmesse sind vorbei! Während ich mich für den letzten Messetag erhole, schreibe ich noch ein wenig an »Schwestern der Klinge« … und lasse euch ein weiteres Character Spotlight da.

Theseus ist König von Athen und der Cousin von Herakles. Wie Letzterer gilt er als griechischer Held. Die folgende Szene ist aus dem ersten Teil des Buches, Theseus ist gerade von einem Kriegszug aus dem Reich der Amazonen zurückgekehrt – und seltsam verändert, wie meine Protagonistin Areto bemerkt.

 

– Unlektorierte Fassung! –

Kaum dass der Morgen graute, wurde Areto in Theseus‘ Gemächer gerufen. Sie freute sich so sehr, ihrem König wieder gegenüberzutreten, dass sein Anblick sie umso mehr erschrak. Der strahlende Held war fort. Verlorengegangen zwischen goldenen Bergen an Kriegsbeute, die sich unbeachtet in seinen Zimmern türmten. Theseus streifte dort umher, vorbei an achtlos verschüttetem Wein und über herabgerissene Seidenvorhänge, nur einen grauen Mantel um die breiten Schultern.

Areto schluckte. »Mein König?«

Kurz fürchtete sie, dass er Opfer jener Krankheit geworden war, die alle Heroen heimzusuchen drohte. Götterwahn wurde sie genannt. Wer daran erkrankte, wurde blind vor Hochmut und lechzte nach Unsterblichkeit. Es war der Fluch von Halbgöttern wie Gottmenschen – hoffnungslose Gier nach einem Platz im Olymp, ob derer man den Verstand verlieren musste.

Schon wollte Areto hinaus und einen Heiler holen. Da hörte Theseus auf, sich die Haare zu raufen und vor sich hin zu flüstern. Er sah sie an, überrascht, als hätte er sie die ganze Zeit nicht bemerkt.

»Ah.« Sein Blick klärte sich, und er richtete sich zu seiner übermenschlich wirkenden Größe auf. »Du bist es, Areto. Hüterin meines Hauses.«

 

© Nora Bendzko 2019